Flankendiffusion

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Konstruktiv bedingte Feuchtigkeit

Flankendiffusion - Der häufig unvorhergesehene Feuchteeintrag über Bauteilflanken

Auszug einer von MOLL bauökologische Produkte GmbH initiierten Studie [1]:

Bauschaden: Feuchteeintrag
trotz luftdichtem Anschluss und
Verwendung einer Dampfsperre
Ursache des Feuchteeintrags:
Feuchtetransport über die
Flanke, hier das Mauerwerk
Luftdichte Konstruktion mit PE-Folie und luftdichter Putzschicht, außen Bitumendachbahn.
Feuchteeintrag durch Flankendiffusion über das angrenzende Mauerwerk.

Es sind in der Praxis Bauschäden aufgetreten, die sich allein mit Diffusions- und Konvektionsvorgängen nicht erklären ließen. Ruhe [2] und Klopfer [3] haben 1995 bzw. 1997 bei einem Bauschaden auf das Problem der Flankendiffusion hingewiesen.[4]

Die Konstruktion

Dach, außenseitig Holzschalung und Bitumendachbahn, innenseitig Kunststofffolie aus Polyethylen (PE), dazwischen der mit Mineralwolle voll ausgedämmte Sparrenzwischenraum. Trotz perfekter Luftdichtheit tropfte im Sommer Wasser aus den Anschlüssen der Bahn auf die unteren angrenzenden Bauteile.
Zunächst wurde angenommen, dass die Ursache erhöhte Einbaufeuchtigkeit sei. Da das Abtropfen von Jahr zu Jahr zunahm, war dies ausgeschlossen. Nach 5 Jahren wurde das Dach geöffnet. Die Holzschalung war bereits größtenteils verfault.
Diskutiert wurde der Feuchteeintrag durch Flankendiffusion. Dabei dringt Feuchtigkeit über die Flanke des seitlichen Luftdichtungsanschlusses, hier ein porosiertes Ziegelmauerwerk, ins Dach ein. Der Feuchtestrom umgeht dadurch die PE-Folie. (siehe Abbildungen)
Unter Bauphysikern wurde der Sachverhalt zu Beginn kontrovers diskutiert, bis Künzel [5] 1997 die Flankendiffusion mit Hilfe von Berechnungen des zweidimensionalen Wärme- und Feuchtetransports mit WUFI 2D rechnerisch nachwies.
Nach der Berechnung erhöhte sich die Holzfeuchtigkeit über dem Ziegelmauerwerk bereits nach einem Jahr auf ca. 20 % und damit bereits über die schimmelkritische Grenze, nach 3 Jahren stieg sie auf 40 % und nach 5 Jahren auf 50 %.

Flankendiffusion - Studie

Auszug einer von MOLL bauökologische Produkte GmbH initiierten Studie [6]:

Konstruktionsaufbau:
Einbindende Wand

Für die Ermittlung des Einflusses des Feuchteeintrages über Bauteilflanken wird der Anschluss einer einbindenden Außenwand an eine Wärmedämmkonstruktion betrachtet. Die Konstruktion verfügt auf der Außenseite im Unterdachbereich über eine diffusionsdichte Bitumendachbahn.

Mauerwerk hat einen geringeren Diffusionswiderstand als die Dampfbrems- und Luftdichtungsebene der angrenzenden Holzbaukonstruktion. Dadurch ist es möglich, dass die Diffusion von Feuchtigkeit über diese Flanke in die Wärmedämmkonstruktion erfolgt.

Für dieses Beispiel wird eine Neubausituation gewählt. Das Mauerwerk und die Putzschicht verfügen über einen dann üblichen Feuchtegehalt von 30 kg/m³. Der faserförmige Wärmedämmstoff ist trocken eingebaut, die rel. Holzfeuchtigkeit der Dachschalung liegt bei 15 %.

Als Dampfbrems- und Luftdichtungsebenen wird bei einer Konstruktion eine diffusionshemmende PE-Folie (sd-Wert 100 m) eingesetzt, bei einer zweiten Konstruktion die feuchtevariable pro clima INTELLO (sd-Wert 0,25 bis über 10 m).


Ergebnisse der 2-dimensionalen Simulationsberechnung

Feuchteerhöhung mit einer
PE-Folie >>>
Auffeuchtung = Bauschaden
Feuchtereduzierung mit der
INTELLO >>>
Austrocknung = Bauschadensfreiheit
BPhys GD 2Studie 27 Flankendiffusion.jpg
Ansteigender Feuchtegehalt im
Bauteil mit PE-Folie
sd-Wert = 100 m konstant
Abnehmender Feuchtegehalt im
Bauteil mit pro clima INTELLO
sd-Wert =
0,25 bis > 10 m feuchtevariabel

Wird eine derartige Konstruktion mit dem 2-dimensionalen Berechnungsverfahren für Wärme- und Feuchteströme, welches in WUFI 2D implementiert ist, berechnet, kommt es zu folgendem Ergebnis: (s. Abbildung rechts)

Nach einem jahreszeitlich bedingten Anstieg des Feuchtegehaltes in beiden Konstruktionen befinden sich beide auf einem annähernd gleich hohen Niveau.

Bei der Variante mit der PE-Folie als Luftdichtungs- und Dampfbremsebene ist über den betrachteten Zeitraum von 4 Jahren in jedem Jahr eine deutliche Steigerung des Gesamtwassergehaltes zu beobachten (roter Graph). In dieser Konstruktion kommt es zu einer Akkumulation von Feuchtigkeit in den verwendeten Baustoffen, da keine Rücktrocknung durch die PE-Folie in Richtung Innenraum möglich ist.

Die Folge: Schimmelbildung auf dem Holz bzw. beginnende Verrottung.

Bei der Konstruktion mit der Hochleistungs-Dampfbremse INTELLO kann die enthaltende Feuchtigkeit nach innen entweichen. Das Bauteil ist vor Feuchtigkeitsansammlung geschützt – diese wird zügig in den Innenraum abgegeben (grüner Graph). Dadurch sinkt der Feuchtegehalt stetig über den Betrachtungszeitraum von 4 Jahren.

Die Konstruktionen mit feuchtevariablen Dampfbremsen verfügen über eine hohes Bauschadensfreiheitspotential.

Schlussfolgerung bei Flankendiffusion

Feuchteeinträge durch Flankendiffusion bei einer in die Wärmedämmkonstruktion einbindenden Innenwand, wie von Ruhe [2], Klopfer [3], [4] und Künzel[5] beschrieben, können durch Dampfbremsen mit einer (möglichst hohen) Feuchtevariabilität wieder aus dem Bauteil entweichen.


Einzelnachweise

  1. Moll bauökologische Produkte GmbH: WISSEN 2012/13 - Studie „Berechnung des Bauschadensfreiheitspotential von Wärmedämmungen in Holz- und Stahlbaukonstruktionen“ , 2012, S. 66
  2. 2,0 2,1 DAB 1995; Heft 8, Seite 1479
  3. 3,0 3,1 Klopfer, Heinz; Bauschäden-Sammlung,Band 11, Günter Zimmermann (Hrsg.), Stuttgart: Fraunhofer IRB Verlag, 1997
  4. 4,0 4,1 Klopfer, Heinz; ARCONIS: Wissen zum Planen und Bauen und zum Baumarkt: Flankenübertragung bei der Wasserdampfdiffusion; Heft 1/1997, Seite 8–10
  5. 5,0 5,1 H.M. Künzel; Tauwasserschäden im Dach aufgrund von Diffusion durch angrenzendes Mauerwerk; wksb 41/1996; Heft 37, Seite 34 – 36
  6. Moll bauökologische Produkte GmbH: WISSEN 2012/13 - Studie „Berechnung des Bauschadensfreiheitspotential von Wärmedämmungen in Holz- und Stahlbaukonstruktionen“ , 2012, S. 76


Siehe auch